Trau keinem über Dreissig… #3

(Meine Insel)

Eine meiner Mittdreißiger-Freundinnen, Lena, hat ihr Glück im Schwabenländle gefunden und suhlt sich in vollen Zügen darin (drei Kinder, wobei zwei davon gemeinsam das Licht der Welt erblickt haben). Regelmäßigen Besuch stellt bei ihr kein Problem dar. Beherbergt wird, was da kommen mag. Das geht alles nebenher und die Gäste werden mit frischen Köstlichkeiten verwöhnt (Thermomix sei hier erwähnt). Vor ungefähr einem Jahr, haben wir Lena, ihren Mann und die Kinder im neuen Haus besucht. Umringt von lebensbejahenden Kleinkindern, hatte sie uns jegliche kulinarischen Höhepunkte serviert. Zubereitet in Nullkomanichts. Ein fast unauffälliges Küchengerät namens Thermomix stand in der Küche. Verstohlen hatte ich ihr zugeschaut und war ein wenig verwundert.  Vor allem aber hatte ich es bewundert. Lena erklärte mir das Prinzip. Ich lauschte anfänglich distanziert und später immer interessierter den Ausführungen. Nach einem schönen und erlebnisreichen Besuchstag legte ich mich dann abends müde ins Bett. Glücklich und nichts ahnend. Es war am Vorabend meines 36igsten Geburtstags. Ich erwachte ausgeruht am nächsten Morgen. Um eine schwerwiegende Erkenntnis reicher. Zum allerersten Mal in meinem Leben überhaupt hatte ich, ernsthaft jetzt, von einer Küchenmaschine geträumt! Man stelle sich das mal vor. Eine Küchenmaschine! Das klingt fast so wie, ich jäte gerne meinen Garten. Kann ja sooo entspannend sein! (Was es ja irgendwie manchmal auch ist, oh Gott!). Am Besten verlasse ich auf der Stelle das Thema und spare diese Ausführungen für die Rubrik, ‚Frauen ab 40ig’ (was noch ein klitzeklein wenig Zeit hat).

So also begrüsste mich mein 36igster Jahrestag (knusprig und knackig). Ab jetzt wird nicht mehr von Männern geträumt, sondern von Küchenmaschinen! Vielleicht erwähne ich an dieser Stelle, um das Ausmass der Dinge richtig erfassen zu können, dass ich keine ausgesprochene Affinität zu Küchenmaschinen hege. Eher eine ausgeprägte Abneigung pflege. Gegen alle Platz beanspruchenden Geräte, ausgenommen der Kaffeemaschine natürlich.

Was ich aber eigentlich versuche hier zu erzählen. Lena hatte mir bei diesem Besuch ihr neustes Projekt vorgestellt. Gleichzeitig fragte sie mich, ob wir nicht auch ein gemeinsames Projekt anfangen wollten.

Was für ein gemeinsames Unterfangen kann auf Distanz und zudem zeitunabhängig (sehr wichtig!) am besten angegangen werden? Eine kleine Lesesammlung zum Beispiel? Aus verschiedenen Federn zusammengeführt, gefüllt mit Alltagslasten unserer Generation. Vielleicht einfach grad von Mädchen (!) und ihre Sorgen unseres Semesters. Herrlich, und nebenbei sich so noch die ‚Insel’ schaffen, die es ab und an benötigt. Zumindest bin ich davon überzeugt und begeistert. Und nach meinem einschlägig geschilderten Erlebnis bin ich reif für die Insel!

Die ganze Sache mit der Insel hatte bei mir bereits im März 2013 angefangen. Ein beruflicher Wochenaufenthalt in Luxembourg ermöglichte mir genussvolle Stunden. Ganz alleine für mich. Ich hatte bei der Buchung Wert auf ein besseres Hotel gelegt (Spesenreglement sei Dank!). Unweit der Tagungen entfernt gelegen. Somit mir jeweils am Morgen länger Zeit zur Verfügung stand. Ich konnte mir zum selben Preis, allmorgendlich das Frühstück aufs Zimmer kommen lassen. Es war ein Traum! In aller Ruhe und vor allem in meinem Rhythmus, den Kaffee trinken zu können. Das vorgefahrene Frühstück war, nebenbei bemerkt, ein Gedicht. Ein kleines Beispiel. Der Brotkorb beinhaltete nicht nur die offiziell beorderten Vollkornbrote, sondern war des Weiteren mit allerlei Köstlichkeiten, wie ‚Pain au chocolat’, Croissants’ und sonstigen Sünden garniert. Ich hockte mich gemütlich in meine Hotelcouch, genoss das Frühstück und widmete mich den Zeilen des, erstmals seit 3 Jahren!, gekauften Buches.

Der Einfall, sich ein Buch zu gönnen, ist mir tatsächlich erst bei der Ankunft in Luxembourg in den Sinn gekommen. Als ich quasi über einen Buchladen gestolpert bin. Der Zufall erst machte mir bewusst, dass ich ja ganz alleine (ohne Kleinkind) unterwegs war. Da muss offensichtlich zuerst wieder was umgepolt werden. Zumindest bevor man fähig ist, die Tragweite der Umstände vollumfänglich zu erfassen (bei mir zumindest). Aber wie gesagt, ich hab’s auch noch begriffen. Wie aus alten Zeiten gewohnt, steuerte ich instinktiv in die Ecke ‚historische Romane’ und ‚Thriller’. Aber ich stand nur mit halbherziger Begeisterung vor diesen Büchern. Mein Körper und vor allem Kopf fühlte sich müde und ausgelaugt an. Ich wollte keine ‚eindrückliche Literatur’. Nein, es schrie förmlich nach einfacher Unterhaltung. Fast ein wenig beschämt verzog ich mich zaghaft in eine andere Ecke. Die der ‚Frauenromane’ nämlich. Und siehe da. Unter den Bestsellern lag ein kitschtig rosafarbenes Buch! Bingo, die Kurzbeschreibung passte genau auf meine Bedürfnisse. Die ich mir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht so richtig eingestehen wollte. Und dann noch ein rosa Umschlag, also ehrlich! Eine hadernde Minute später war es meins. Und ich genoss es in vollen Zügen. Seither versuche ich meinen inneren Schweinehund nach ‚leichter’ Literatur nicht mehr, zu überwinden. Ich verschlinge diese Kost. Schliesslich genügt es vollauf, wenn bei der Arbeit die grauen Zellen beansprucht werden. Muss nicht auch noch in der Freizeit beim Lesen sein. Zudem benutze ich keine öffentlichen Verkehrsmittel, wo ein rosa Umschlag schnell mal peinlich wirken könnte. Seither kaufe ich ohne Scham Bücher in allen Farben aus der Sparte Sophie Kinsella und Ähnlichen. Ich werde ‚typisch Frau’ wenn’s um die Auswahl des Lesestoffs geht. Wobei ich anmerken muss, dass dieser Lesestoff zum Teil meine Schmerzgrenzen doch auch überschritten hatte. Mit Geschichten wie Shopaholics und MiniShopaholics. Da wechselte ich dann mal zu Cecilia Ahern. Und siehe da. Zählt mitunter zu meinen absoluten Favoriten, nebst Alex Capus. Der hier aber sowieso aus dem Rahmen fällt. Kerstin Gier und die ›Müttermafia‹ war auch ein besonderer Schmaus!

Nach all diesen Lektüren, die gleichzeitig ‚meine Inseln’ darstellten, kam dann doch plötzlich der Tatendrang. Mal schauen, ob wir fähig sind, auch was zu Papier zu bringen. Egal ob für Aussenstehende überhaupt lesbar (in jeder Hinsicht!). Hauptsache es macht Spass und gibt Befriedigung.

Die ersten Zeilen gingen an Lena und später auch noch an meine Busenfreundin Nina . Weitere Samen wurden gestreut. Mal schauen, ob sie keimen.

Von Nina, habe ich soeben per Post ihre ersten Zeilen erhalten zum Thema, TRAU KEINEM ÜBER 30. Wobei sie das M in ‚keinem’ durchgestrichen hat, und durch ein R ersetzt. Schon hier erkennt man persönliche Unterschiede. Ich habe das gar nicht so wahrgenommen. Aber ja, eigentlich hat sie ja recht!
Wobei. Ich bin überzeugt, auch die M’s brauchen ihre Insel!

photo by Matthiew Wiebe

11 Gedanken zu “Trau keinem über Dreissig… #3

  1. köstlich! 😁
    Wie wäre es, Bücher über Küchenmaschinen zu lesen? 😉

    Wenn Du mal „leichte Lektüre“ lesen möchtest, kann ich folgende empfehlen:
    Die Kwimpers, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43367791.html;
    Onkel Oswald und der Sudankäfer (vorsicht, trieft gewaltig), http://www.amazon.de/Onkel-Oswald-Sudank%C3%A4fer-haarstr%C3%A4ubende-Geschichte/dp/3499155443
    sowie weitere Bücher von Roald Dahl;
    Röde Orm, http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Abenteuer_des_R%C3%B6de_Orm;

    Die Kwimpers habe ich ca. 20x gefühlt gelesen…

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  2. Gelesen habe ich eigentlich immer, auch seit Mini mein Leben chaotisiert und bereichert. Aber Thriller o.ä. kann ich gar nicht mehr lesen. Bin auch inzwischen Stammgast in der lieblicheren Ecke, das braucht mein Herzchen und mein Hirn.
    Und wenn die Protagonistinnen Personal haben und stinkend reich sind, ist es mir am liebsten. Dann habe ich kein schlechtes Gewissen, dass ich Kind, Job und Haushalt so gar nicht perfekt wuppe 😉

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    1. Du hast mir soeben ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert :-). Bei mir gehört die 5 schon lange zu den geraden Zahlen. Lieben Dank, dass du deine spärliche Freizeit soeben meinem Blog widmest… hoffe es geht gut voran bei dir zu Hause. Oder eben nicht… und die 5 ist soeben durch 2 teilbar ;-)! Herzlichen Gruss Nora

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